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Zollstreit: Donald Trump lässt den Bundesrat zappeln

Sie haben einen Deal – oder doch nicht? Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter und Präsident Donald Trump.
Sie haben einen Deal – oder doch nicht? Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter und Präsident Donald Trump.Bild: keytsone / epa

Donald Trump lässt den Bundesrat zappeln

Der Bundesrat meinte, es gebe im Zollstreit eine Einigung mit Donald Trump. Aber der amerikanische Präsident zeigt keine Eile, die gemeinsame Erklärung zu unterschreiben. Bald läuft die Frist ab.
16.07.2025, 12:4416.07.2025, 12:44
Francesco Benini / ch media
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Wann endlich kommt ein Signal aus Washington? Das fragt sich der Bundesrat, das fragen sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Finanzdepartement und im Wirtschaftsdepartement, das wollen Exponenten der Schweizer Wirtschaft wissen.

«Für die Unternehmen der Schweizer Tech-Industrie ist diese Unsicherheit Gift», sagt Jean-Philippe Kohl, Vizedirektor und Leiter Wirtschaftspolitik des Branchenverbandes Swissmem. Er betont: «Solange die Frage der Zölle unbeantwortet bleibt, wird der Abschluss neuer Geschäfte massiv erschwert bis verunmöglicht.»

Swissmem-Vize Jean-Philippe Kohl.
Vizedirektor und Leiter Wirtschaftspolitik des Branchenverbandes Swissmem, Jean-Phillippe Kohl.Bild: zvg

Kohl spricht für die Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie sowie für verwandte Technologiebranchen. Dieser Wirtschaftszweig kommt nach dem Pharmasektor an zweiter Stelle, was das Exportvolumen in die USA anbelangt.

Anspannung in Bundesbern und unter Wirtschaftsführern

Die Frage ist: 10 Prozent Zoll? Oder 20 bis 30? Am sogenannten Liberation Day, dem 2. April, verkündete Präsident Trump, dass sein Land auf Einfuhren aus der Schweiz fortan einen Zoll von 31 Prozent erhebe. Der Bundesrat war entsetzt, hielt sich mit öffentlicher Kritik aber zurück und intensivierte die Kontakte zur amerikanischen Regierung.

Trump senkte den Zoll auf 10 Prozent, stimmte Verhandlungen mit der Schweiz zu – und der Bundesrat genehmigte am 4. Juli den Entwurf einer gemeinsamen Absichtserklärung. Der Deal steht also in den Grundzügen. Nur fehlt bisher die Zustimmung von Donald Trump.

Die Vereinbarung sieht vor, dass der Zoll auf einer Höhe von 10 Prozent bleibt, die Pharmabranche davon weitgehend ausgenommen wird und Schweizer Unternehmen grosse Investitionen in den USA tätigen. Die Vereinbarung enthält weitere Punkte, die noch nicht bekannt sind. Die Erklärung wird erst publiziert, wenn die Unterschriften beider Seiten vorliegen.

Bei den Schweizer Behörden ist eine Anspannung zu spüren, weil Trump seit einer Woche Briefe veröffentlicht. In den Schreiben an verschiedene Länder und an die EU verkündet er hohe Zollsätze und nennt den 1. August als Startdatum.

Der schlimmstmögliche Fall für die Eidgenossenschaft wäre nun: Trump publiziert einen Brief, in dem er einen Zollsatz von deutlich über 10 Prozent verkündet. Es blieben dann nur zwei Wochen, um bis zum 1. August eine Abmilderung auszuhandeln. Dass mehrere Bundesräte und Chefbeamte derzeit in den Ferien weilen, wäre wenig hilfreich.

Bundespraesidentin Karin Keller-Sutter, an einer Medienkonferenz ueber das Entlastungspaket 27 und Budget 2026, am Mittwoch, 25. Juni 2025, im Medienzentrum Bundeshaus in Bern. (KEYSTONE/Anthony Anex)
Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter.Bild: keystone

Wer hingegen optimistisch ist in Bundesbern, verweist darauf, dass Donald Trump seit drei Tagen keine Zollankündigungen mehr publiziert hat. Vielleicht ist es nun vorbei mit den Briefen. Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter sagte in einem Interview mit dem «SonntagsBlick», dass sie irgendwie den Zugang zu Trump gefunden habe. Der amerikanische Finanzminister Scott Bessent meinte derweil im Mai: Es sei unglaublich, dass ein Land mit 9 Millionen Einwohnern die siebtgrössten Direktinvestitionen in den USA tätige.

Das könnte bedeuten: Donald Trump stimmt der Absichtserklärung bis zum 1. August zu. Die Erleichterung im Bundesrat und in der Schweizer Wirtschaft wäre gross. Der Zollsatz von 10 Prozent würde weiterhin gelten.

Trump jubelt über Deal mit Indonesien – nicht mit Bern

Ist eine Abgabe in dieser Höhe problemlos verkraftbar für Unternehmen, die in die USA exportieren? Jean-Philipp Kohl vom Verband der Tech-Industrie antwortet: «Das lässt sich nicht pauschal beantworten. Es gibt Firmen, die sogar Importzölle von 30 Prozent auf ihre Kunden überwälzen könnten. Und es gibt Unternehmen, die bereits mit dem heute geltenden Zusatzzoll von 10 Prozent vor grossen Schwierigkeiten stehen – insbesondere, wenn es amerikanische Konkurrenten gibt.»

Kohl unterstreicht: Vor dem Amtsantritt von Donald Trump habe es bereits einen Zoll von 2 bis 6 Prozent auf Schweizer Tech-Güter gegeben. Die 10 Prozent seien dann dazugekommen. «Faktisch beträgt der aktuelle Zoll auf die Güter der Schweizer Tech-Industrie zwischen 12 und 16 Prozent.»

Trotzdem: Auf der Schweizer Seite ist man sich weitgehend einig, dass mit einem Basiszoll von 10 Prozent der wirtschaftliche Schaden begrenzt wäre. Warum rührt sich Donald Trump nicht? Warum lässt seine Signatur unter der Absichtserklärung zwischen den USA und der Schweiz weiter auf sich warten?

Am Dienstag twitterte Trump, dass er soeben einen «great deal» mit Indonesien abgeschlossen habe. Die Einzelheiten würden bald vorgestellt.

Indonesien wird den Handelsstreit mit den USA also demnächst beilegen. Und die Schweiz? Das Bangen dauert an. Möglicherweise bis zum 1. August.

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54 Kommentare
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Jodok Kraskalli
16.07.2025 12:54registriert Mai 2021
Viellicht muss der Bundesrat mal bei Schweden nachfragen, ob sie zwei Briefe erhalten haben.
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El_Chorche
16.07.2025 13:02registriert März 2021
"Warum lässt seine Signatur unter der Absichtserklärung zwischen den USA und der Schweiz weiter auf sich warten?"

Weil die Schweiz so tief in seinem Hintern steckt, dass der Weg zurück halt eine Weile dauert.
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No Stability Augmentation System
16.07.2025 13:09registriert November 2021
Es zeugt von hemmungsloser Naivität, dass tatsächlich noch geglaubt wird, "ein Deal" wäre das Papier wert auf das er geschrieben wurde? Trump liebt dieses Spiel mit Drohungen. An Deals hat er eigentlich kein Interesse. Aus seiner Sicht braucht es nichts aus dem Ausland. Wie oft hat er schon sein Wort gebrochen und Verträge ignoriert. Warum sollte es diesmal anders sein? Klar muss der Bundesrat nach Aussen das Bild vermitteln er tut was, aber mal unter uns Gebetsschwestern, glaubt irgend jemand das ein "Deal" was bringt? Wenn die Schweiz den A... von Trump küsst, verliert sie.
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